Zipfellorchel, Discina fastigiata

DIE ZIPFELLORCHEL IST POTENTIELL TÖDLICH GIFTIG & EXTREM SELTEN (RL-R)

Bezeichnung

Zipfellorchel, Frühjahrszipfellorchel, Frühlingszipfellorchel, Riesenzipfellorchel, Discina fastigiata

Synonyme

Gyromitra fastigiata, Helvella fastigiata, Maublancomyces fastigiatus, Neogyromitra fastigiata, Physomitra infula var. fastigiata

Gattung

Discina, Frühjahrslorcheln

Diese Art finden

Die Zipfellorchel ist ein Folgezersetzer, den man vor allem im Auwald auf dem Totholz von Pappel finden kann. Besonders gerne bewohnt die Art dabei morsche Stümpfe, oder modernde Stämme, die gerne auch teilweise mit Sand bedeckt sein dürfen.

Ebenfalls vorkommen können soll die Zipfellorchel laut der Literatur aber wohl auch bei Nadelholz, auf Rindenmulch, an Holzlagerplätzen oder auf sonstigen Holzabfällen. Neben Auwäldern erscheint die Zipfellorchel deshalb manchmal wohl auch auf parkähnlichen Flächen oder sogar in Gärten bzw. in Kiefernbeständen.

Die Zipfellorchel ist ein typischer Frühlingspilz und kann bei uns in Oberbayern im April und Mai gefunden werden. Hauptsaison dürfte die Art vor allem vom 15. April bis 15. Mai haben. Funde im März und Juni sind in Ausnahmejahren wahrscheinlich ebenfalls möglich, aber sicherlich deutlich unwahrscheinlicher. Auch die meisten anderen kartierten Funde stammen aus dem Zeitraum Mitte April bis Mitte Mai.

Die Zipfellorchel wird als extrem selten beschrieben und befindet sich deshalb auf der Roten Liste bedrohter Arten (Status: RL-R extrem selten). Unser Fund der Art war erst der dritte kartierte Fund der Art auf pilze-deutschland.de in ganz Bayern und der erste kartierte Fund der Art im Südosten / Oberbayern. Die beiden anderen Funde der Art stammen aus dem äußersten Norden (Mai 1980) und dem Nordosten (April 2016) Bayerns. Deutlich häufiger scheint die Art mit rund 20 Kartierungen im und um das Mittelgebirge gefunden zu werden.



Beschreibung

Die Zipfellorchel erreicht ausgewachsen einen Hutdurchmesser von deutlich über zehn Zentimetern. Die Hutoberseite ist besitzt eine typische, namensgebende, zipfelmützenartige Form und eine aderig wirkende Oberfläche. Oft sieht es dabei so aus, als würde das Kopfteil der Zipfellorchel aus zwei Teilen bestehen, wobei gerne in der Nähe der Hutmitte eine Art Verbindungsnaht entsteht, die meist deutlich heller gefärbt ist, als der Rest des Kopfteils. 

Während das Kopfteil Zipfellorchel außen meist kräftig rötlich bis rotbräunlich gefärbt ist, fällt das Innere des Kopfteils deutlich heller aus (weißlich bis weiß mit rotbräunlichem Farbstich). Die Zipfellorchel besitzt keine Lamellen, Poren, oder Röhren. Das Kopfteil sitzt auf einem wuchtigen, dicken und immer vollen Stiel. Der Stiel ist weißlich gefärbt sehr stabil. Das Sporenpulver ist cremeweißlich gefärbt. 

Das Fleisch der Zipfellorchel ist bei ausgewachsenen Fruchtkörpern sehr ergiebig. Der Stiel ist oft der ergiebigste Teil des Fruchtkörpers und das Fleisch weißlich gefärbt. Die Art besitzt einen aromatisch pilzigen bis leicht spermatischen Geruch und soll eine milde Geschmacksprobe besitzen. Geschmacksproben roher Fruchtkörper sind auf Grund des Gyromitringehalts unbedingt zu vermeiden und auch nicht bestimmungsrelevant.

Speisewert und Verwendbarkeit der Zipfellorchel

Die Zipfellorchel ist stark gyromitrinhaltig und damit als potentiell tödlich giftig anzusehen. Trotzdem wird die Art mancherorts, genauso wie die Riesen- und Frühjahrslorchel, für Speisezwecke gesammelt und, nach korrekter, sorgfältigster Zubereitung ohne Probleme verzehrt.

Gyromitrin ist unter anderem hitzeinstabil und verflüchtigt sich nicht nur beim Kochen, sondern auch beim trocknen. Durch die Größe der Fruchtkörper und durch den laut der Literatur vorhandenen angenehmen Geschmack, ist die Art theoretisch verzehrbar zu machen und dann ein guter Speisepilz. 

Der Teufel steckt aber im Detail. Bei einer falschen Zubereitung der verschiedenen Frühjahrslorcheln, wie zum Beispiel nicht vollständiges trocknen, oder auch nicht ausreichendes erhitzen, drohen schwerste Vergiftungen. Vor allem bei der deutlich häufigeren Frühjahrslorchel sind zahlreiche tödliche Vergiftungen in diesem Zusammenhang bekannt. In diesem Zusammenhang auch gefährlich sind Gyromitrinrückstände, die nicht sofort zu einer Vergiftung führen, aber gerade bei regelmäßigem Verzehr der Frühjahrslorcheln zu Langezeitfolgen führen können.

Zusammengefasst: Die Zipfellorchel kann man im deutschsprachigen Raum auf keinen Fall als Speisepilz beschreiben. Die Art ist potentiell tödlich giftig, selbst bei korrekter Zubereitung drohen wegen der gyromitrinrückständige bei regelmäßigem Verzehr Folgeschäden und der kleinste Fehler bei der Zubereitung kann zu einer schweren Vergiftung mit Todesfolge führen. Hinzu kommen die extreme Seltenheit der Art und das Erscheinen zur Zeit der Morcheln, die man ohne diese Bedenken ohne Probleme für Speisezwecke sammeln bzw. teilweise sogar gezüchtet kaufen kann.

Unterscheidung der drei hirnartig gewundenen Frühjahrslorcheln

Frühjahrlorchel – kleiner, oft dunkler, gerne auch mal schwarzrotbräunlich gefärbt & typischerweise im Nadelwald auf sandigem Boden zu finden (gerne Kiefern). Vor allem auf komplett Deutschland bezogen ein absoluter Massenpilz.

Zipfellorchel – ausgewachsen größer als die Frühjahrslorchel, meist kräftig rotbräunlich gefärbt / meist mehr Rottöne als die Riesenlorchel, Kopfteil vor allem ausgewachsen deutlich geschwungen, typischerweise im Auwald bei Pappel auf Totholz zu finden, extrem selten / deutlich seltener zu finden als Frühjahrs- & Riesenlorchel (Fundmeldungen Bayern bisher: 3)

Riesenlorchel – ausgewachsen größer als die Frühjahrslorchel, meist mehr hellbraune Farbtöne als die Zipfellorchel / oft weniger Rottöne als die Zipfellorchel, Kopfteil weniger geschwungen, gleiches Habitat wie Zipfellorchel, aber viel häufiger / weiter verbreitet (Fundmeldungen Bayern bisher: fast 30)